"Wir legen höchste Priorität auf die Sicherung der Kapitalbeschaffung und der Liquidität."
16. Februar 2020
Bis 2025 sollen im Rahmen der Strategie ROUTE2025 insgesamt 30 Millionen Verträge in den Büchern der Volkswagen Finanzdienstleistungen stehen. Ende des dritten Quartales 2019 sind davon schon mehr als 21,2 Millionen geschafft und das bei einer Bilanzsumme von 219 Milliarden Euro. Die Volkswagen Financial Services sind also auf Wachstumskurs.
Die Unternehmenskommunikation sprach mit Frank Fiedler, Finanzvorstand der Volkswagen Financial Services AG, darüber, wie dieses Wachstum finanziert werden soll und was das für die Bilanzsumme bedeutet.
Unternehmenskommunikation: Herr Fiedler, bevor wir zu den finanziellen Indikationen kommen, skizzieren Sie uns doch bitte kurz, wie das Wachstum auf 30 Millionen Verträge in den nächsten fünf Jahren realisiert werden soll.
Fiedler: Wachsen wollen wir vor allem bei Gebrauchtwagenfinanzierungen und im Bereich der gewerblichen Fahrzeugflotten. Weltweit wollen wir der größte Flottenanbieter werden. Zudem planen wir mit speziellen Leasingpaketen den Absatz der Elektrofahrzeuge des Volkswagen Konzerns zu fördern und damit den Anteil der von den Konzernmarken abgesetzten Fahrzeuge, die bei uns in den Büchern landen, zu steigern. Ganz wichtig ist für uns aber in den nächsten Jahren eine verstärkte Integration neuer Mobilitätsangebote, wie Parken, Tanken und Laden in unser Kerngeschäft. Dies sichert unser Geschäftsmodell. Schließlich bleiben wir über die Kundenkontakte dieser Services in permanenter Verbindung mit unseren Kunden. Das steht ganz oben auf unserer Agenda.
Unternehmenskommunikation: Das heißt dann im Umkehrschluss aber, dass die Finanzierung über Fremdkapital erfolgt.
Fiedler: Ja, aber das ist im Bankgeschäft auch die Regel. Dabei werden wir weiter auf unsere bewährte Refinanzierungsstrategie setzen.
Unternehmenskommunikation: Und wie sieht diese Strategie konkret aus?
Fiedler: Wir legen höchste Priorität auf die Sicherung der Kapitalbeschaffung und der Liquidität. Unsere Strategie basiert deshalb auf einer ebenso lokalen wie modularen Refinanzierung – lokal hinsichtlich der Währungsräume und modular in Bezug auf die Instrumente. Die lokale Implementierung im jeweiligen Währungsraum minimiert Wechselkursrisiken und wir wissen, ob wir mit unseren Kosten wettbewerbsfähig sind. Die Modularität beziehungsweise Diversifikation hinsichtlich der Instrumente ist der zweite wichtige Faktor dieser Strategie. Denn je mehr Refinanzierungsquellen zur Verfügung stehen, desto unabhängiger agieren wir von einzelnen Kapitalgebern und desto sicherer ist die Liquiditäts- und Kapitalausstattung.
Die Volkswagen Finanzdienstleistungen setzen dabei vor allem auf vier wesentliche Refinanzierungsquellen: die Einlagen aus dem Direktbankgeschäft, dem Geld- und Kapitalmarkt, Auto-Asset Backed Securities (ABS) und die Refinanzierung über Banken. Aufgrund des starken internationalen Wachstums in den vergangenen zehn Jahren und aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Neuaufstellung in 2017 spielt die Refinanzierung über Banken in einigen Märkten ebenfalls eine Rolle.
Unternehmenskommunikation: Wenn der Refinanzierungsbedarf künftig steigt, von welchem jährlichen Fundingvolumen reden wir dann?
Fiedler: Für den gesamten Geschäftsbereich Volkswagen Finanzdienstleistungen über alle Gesellschaften und Währungen kalkulieren wir mit einem jährlichen Refinanzierungsbedarf aus den Geld- und Kapitalmärkten von etwa 25 bis 35 Milliarden Euro, der durch verschiedene Instrumente gedeckt wird.
Unternehmenskommunikation: Mit den von Ihnen genannten Refinanzierungsinstrumenten sind Sie in der Vergangenheit bereits stark gewachsen. Schließlich wurden vor zehn Jahren nur etwa zehn Milliarden Euro im Jahr refinanziert. Jetzt steigt der Bedarf, gibt der Markt dieses weitere Wachstum überhaupt her?
Fiedler: Richtig. Wir haben die Volumina in den vergangenen Jahren stark ausgedehnt. Zum Beispiel haben wir das über ABS refinanzierte Volumen seit 2008 fast verdreifacht. Der Anstieg ist uns über einen gesteigerten Emissionsrhythmus und höhere Emissionsvolumina, aber vor allem durch das Erschließen neuer Märkte gelungen. So sind in den vergangenen zehn Jahren neue ABS-Programme in Australien, Brasilien, China, Italien, Japan, den Niederlanden, Schweden, Spanien und der Türkei entstanden.
Um beim Beispiel ABS zu bleiben: Mit ABS planen wir Wachstum in unterschiedlichen Dimensionen: Mit neuen Asset-Klassen, so könnten beispielsweise auch kürzer laufende Leasingverträge verbrieft, und somit eine weitere Asset-Klasse fristenkongruent refinanziert werden, mit weiteren Investoren und in neuen Märkten.
Im Hinblick auf unsere Kapitalmarktaktivitäten prüfen wir, ob wir künftig gegebenenfalls auch Anleihen mit längeren Laufzeiten begeben. Da dies allerdings auch Ergebnis kosten würde, eruieren wir derzeit, wo es sinnvoll ist, neue Märkte beziehungsweise Währungen in den ursprünglichen Laufzeiten zu erschließen.
Unternehmenskommunikation: Kommen auch andere Refinanzierungsinstrumente, wie beispielsweise ein Schuldschein in Frage?
Fiedler: Wir nutzen das Instrument von Zeit zu Zeit als opportunistische Refinanzierungsalternative. Das zeigt unsere Flexibilität gegenüber den Investoren und schafft uns zusätzliche Refinanzierungspotentiale. Darüber hinaus arbeiten wir an der Erschließung neuer Fundingquellen, wie beispielweise Covered Bonds. Allerdings ist unsere Liquiditätssituation aktuell sehr gut und spiegelt jene an den Kapitalmärkten wieder.
Unternehmenskommunikation: Das heißt, Sie blicken, was die Erfüllung Ihrer Ziele bis 2025 betrifft, auch aus Treasury-Sicht optimistisch auf die nächsten fünf Jahre?
Fiedler: Ganz sicher. Natürlich wird dies eine große Herausforderung. Der müssen wir uns stellen, wie in allen anderen Feldern unserer Strategie beziehungsweise unseres Geschäfts auch. Nichtsdestotrotz sind wir überzeugt, dass wir mit unserer Refinanzierungsstrategie, die sich bereits als robust bewährt hat, sowie mit neuen Finanzierungsformen in neuen Währungen, auch weiterhin ein sehr gutes Investment sind und Investoren überzeugen werden.